Flucht vom Schiff der Leblosen 7 -Geburt
„Lasst uns zum Mond aufbrechen! Von dort aus kann ich dir alles erklären, Kleiner?"Eldrix, der etwas älteren Mann mit der Sonnenbrille und dem schwarz - rot karierten Kopftuch stand einfach da, mit der weiten Umgebung im Hintergrund, und hob seinen verzierten, aber auch schon von Spuren gezeichneten Stock nach oben. Als er dies tat, drehte sich alles so, dass der Mond nun unter uns war.Ja, das hatte ich ja auch schon erlebt. Hier war der Wendepunkt zwischen oben und unten. Eldrixs grüner Umhang flatterte von seinen Schultern bis zu den Kniekehlen im Wind. Dabei wärmte er ihn in diesem frostigen Zwielicht bestimmt. Zugleich wölbte sich der Stoff, als sei es ein lebendiges Wesen. Ich hatte den Eindruck, dass der Mann diesen Umhang aus Gewohnheit trug. Er vervollständigte Eldrixs visuelle Erscheinung. Der Umhang war an mehreren Stellen geflickt und hatte Spuren vieler Wege auf seiner Oberfläche, wie auch im Gewebe seines samtigen Stoffes, aus dem er gewoben war.Eldrix hielt kurz inne und wandte sein Gesicht in Zinas Richtung. Dann schmunzelte er, auf eine Art, die ich jetzt zwar nicht deuten konnte, doch bereits als für ihn typisch erkannte. Die junge Frau Zina blickte mich freundlich an und ich ertappte mich dabei, wie ich etwas empfand. Ich wusste ja nicht, was es war, aber es würde sich erklären, da war ich mir sicher.„Dann also los, Kleiner!" Die Worte der hochgewachsen Frau, mit den spitzen Ohren und dem hautengen, bauchfreien grauen Gewand liebkosten den Geist um uns, wie ein inniges Gebet eines märchenhaften Wesens aus fernen, wundersamen Träumen- die dennoch alte Bekannte waren - in die man sich begab, um sich selbst zu begegnen. Und genau das sollte geschehen. Ihre Aura verband sich langsam mit mir und ich spürte, wie sie mich erneut durchleuchtete und mir im selben Moment etwas mitteilte. Keine Worte, sondern feinste Gefühlsregungen mit einer Botschaft, die direkt für mein Herz gedacht war, dabei etwas verriet, was man nur aus dem persönlichen Umgang mit sich selbst kannte. Es war eine Sprache, die mir vertraut war, doch keine Silbe fiel mir dazu ein. Das machte die Zeit, die nun folgte zu etwas Besonderem, etwas das mich als ganzes Wesen …. Wir stießen mit dem Kopf voran auf den Mond zu, näherten uns rasch, und es war mir noch nie als so schön erschienen, hier in den Rahmen dieses Mondes einzutauchen. Als der Boden sichtbar näherkam, drehte ich mich so, dass ich mit den Beinen voran zur Landung bereit war.Eldrix erwies sich als kindlich und verspielt, machte lachend ein paar Saltos, ehe er dann zur Landung ansetzte. Zina tanzte förmlich, wog sich graziös in eleganten Bewegungen auf ein Stelle zu, die sich als kleiner Hügel keine fünf Meter aus dem Boden erhob. Von dort erspähte sie etwas, das wir dann alle sahen.„Dieser schimmernde Wald ist ideal“, flüsterte sie beinahe und schritt auf uns zu.Ich war etwas irritiert. Der Mond musste sich gedreht oder gewandelt haben, denn es sah hier nun anders aus, als ich die letzten Male hier gewesen war. Ich nahm es mit Gleichmut hin, denn es herrschte ein grundsätzlicher Frieden, den ich nicht erwartet hatte, als ich noch vor kaum einer Stunde in diese Taverne getreten, die laut und voller Eindrücke gewesen war. Diese beiden Personen … die Wunderwandler, hatten diese Ruhe mit sich gebracht. Das ließ mich hoffen. Die gesamte Umgebung war vom Aufbau her überschaubar, doch was die möglichen Mysterien darin betraf, war es ein Labyrinth in Verblendung und Rausch. Etwas beruhigte mich stetig – mehr und mehr.Eldrix nickte Zina zu, schritt dann auf den Wald zu, der sichtbar, aber einige Hundert Meter entfernt war. „Nun gut, mein kleiner Freund. Ich sage dir, worin du noch gefangen bist: Die Spieler tun alles, ja wirklich alles, um sich auf Kosten anderer zu amüsieren. Um mehr geht es ihnen nicht, doch sie zerbrechen rücksichtslos Existenzen und Leben dafür, schicken Seelen in die Irre und quälen jene, die am „unterhaltsamsten“, ja geradezu belustigend für diese Schurken jammern und flehen und weinen, wenn man sie der Hölle anheimgibt, die von diesen Halunken erschaffen wurde und mit dieser als riesige Arena genutzte Sphäre, durch Nimmerend ziehen. Ihre Zeitalter sind lange und die meisten Gefangenen gehen darin zugrunde. Die Spieler, so wie sich diese sektiererische Bande an aufgeblasenen und arroganten Monstern nennt, laden dazu auch noch Gäste ein. Adelige, barbarische Reisende und reiche, sadistische Arschlöcher, die in Luftschiffen von Welt zu Welt fahren und Wetten abschließen, sich besaufen und auf mannigfaltige Arten vergnügen, während sie sich dem abartigen „Spaß“ hingeben, applaudieren, wenn jemand aus einer Falle nicht entkommt, oder so wie du, mit dem Schwert kämpfen muss. Die planen das und sind anwesend, auch wenn man es als Gefangener kaum mitbekommt. Sie machen sich unsichtbar oder verstecken sich in einer Raumdimension darüber, eben um ihre Sphäre die wandelbare Arena. Du sprachst ja von deinem Kampf und Zuschauerrängen, die aus dem Boden fuhren. Wenigstens ließen sie dich eine Waffe finden. Ansonsten hätte dich dieses Monster wohl zerfetzt, oder?"Eldrix klang zornig, nicht auf mich, sondern auf diese Spieler und deren Treiben. Offenbar waren es seine direkten Feinde. Er hatte viel Wissen. Zugleich vermittelte er mir das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben. Was auch immer er vorhatte. Doch nun schwieg er. Ich fühlte viel: sein Pflichtbewusstsein und das persönliche Anliegen, diese „Spieler“ zu beseitigen. Zugleich verstand ich aber, wie weit entfernt dieser Sieg noch lag.Die Bäume wirkten so, als wären sie aus Glas, wenn sie sich nicht in den Lüften gewogen hätten, was von der Elastizität der Äste zeugte. Ich fragte mich nur, warum wir hier waren und was Eldrix gerade hier vorhatte. Doch ich beließ diese Neugierde in meinen Gedanken, in denen sich fortwährend etwas regte, etwas, was von Zina ausging. „Ich verspüre den Hauch deiner Seele Teile. Sie strömen suchend durch das Gehölz, kommen von überall her und finden in dir bald zusammen. Die Stämme der Bäume mögen wie Gitterstäbe und der Schimmer als etwas Verfängliches erscheinen, doch … Hörst du es?“Zinas Worte schmiegten sich an mich, wie eine Katze mit seidenem Fell.Zudem zeigte mir die wundersame und auch schöne junge Frau mit dem Wuschelkopf und den spitzen Ohren, im Gegenzug für das Durchleuchten meiner Persönlichkeit von sich etwas, und so wie ich es empfand, war das für sie selbstverständlich.Sanft und weich bewegte sie sich in meinem Bewusstsein, stützte mich, wenn eine Sorge aufkam, während ich in mir focht oder verunsichert zurückblickte. Ja, sie spürte, wer ich wirklich war, zumindest hoffte ich das, und diese Hoffnung ergab sich aus dem, was sich in den letzten Minuten verändert hatte.Ja, Hoffnung …Sie war lieblich. Zinas Körper war wohlgeformt, wie der Wellengang des Ozeans und ihr Geist war ein lebendiges Kraftfeld. Es legte sich ringsherum auf jeden Millimeter und sammelte etwas zusammen, ihre Worte bezüglich meiner Seele hallten noch in einem Chor an Echos, einem Kanon voller Rhythmus und Ordnung in mir, als wäre es noch immer derselbe Moment. Dann, erst dann fragte ich mich: „Meiner Seele Teile?“ Ich war zu überwältigt, um zu sprechen. Tatsächlich wurde ich größer innerhalb meiner Betrachtungsweise, die sich auf meine Persönlichkeit richtete, mich ständig beobachtet hatte. Ich überragte jetzt den, der von allen und mir selbst als „Kleiner“ bezeichnet worden war. Er war nicht ich, sondern eine Karikatur. „Kleiner“ war die reduzierte Version von mir gewesen, die feige und unsichere, wenn auch immer noch zum Licht hingewandt.Wir schritten in den Wald, Eldrix klopfte mir auf die Schulter. Sein Grinsen verging offenbar niemals, doch nun erkannte ich es als ein selbstbewusstes Lächeln, etwas, woran der Mann seinen Charakter aufrichtete. Es war eine Marotte, die ihre Gründe hatte und ihn deswegen auch als so charismatisch erscheinen ließ. Was er auch war, und dies bestimmt nicht aus einem Schauspiel heraus, sondern war es schlicht die Eleganz seiner Persönlichkeit.Er hatte eine so starke Ausstrahlung, die ich nicht begriff, aber der ich blind vertraute, auch wenn es ein Spiel hätte sein können. Aber nein … Ich war nun fähig, den Unterschied zwischen Illusion und Wahrheit zu erkennen.Was waren dies für Menschen, diese Wunderwandler? Dieses Wort selbst klang so vertraut, als wäre es der Name jedes Windes, der die Luft um mich bewegte und hier die Blätter rauschen ließ, weil wir hier wanderten. Wahrlich atmosphärisch war es in diesem Wald, in dem das Zwielicht scheinbar gleich wie überall leuchtete, aber auch wieder nicht. Denn wahres Licht erkannte ich im Rahmen dieses Horizontes nicht. Es war ein Verlies. Ich war daher beeindruckt von den beiden Abenteurern. Sie waren freiwillig hier und hatten die Möglichkeit, von hier wegzugehen, wann sie auch wollten.Ich identifizierte ich mich immer weniger mit der Anrede „Kleiner".Ich war wohl doch nicht so klein, wie man mir zu verstehen gegeben hatte, so lange ich allein hier gewesen war. Es waren die Weiten eines großen Ganzen, es sprach und lauschte, interagierte mit meinem Herzen. Dies geschah durch Zina. Es war so, als wäre ich in der Hand eines Geistes. Da war aber keine Boshaftigkeit und die unerträgliche Unsicherheit, die solche Gespenster mit sich brachten, fehlte vollkommen. Ich wollte mich dem zwischendurch instinktiv entziehen und schauderte, doch war dieser Versuch nur ein Aufflackern der Schmerzen dieses Daseins hier zwischen Ozean und Mond, das Dasein auf dem Schiff der Leblosen … Das Spiegelbild meines Herzens machte mich nervös und ich verbarg meinen eigenen Blick davor. Doch selbst daran wurde gearbeitet, während wir schweigend den Wald durchschritten.Zina lächelte mir ermutigend zu. „Wir kennen deine Geschichte", erklärte der weißhaarige Mann plötzlich, stand dabei mit dem Rücken zu mir, drehte sich dann um.„Wir können diese armen Leute vom Schiff nicht retten." Eldrix grinste zwar noch, doch er wurde ernster, hielt die Sonnenbrille in der linken Hand. Er sah stolz aus, während er mir vielsagend in die Augen sah."WAS?!" Ich war erschüttert. Auch wenn ich meinte, diese Leute nicht zu kennen, waren sie mir nahe. Ich war auch durch Eldrixs Reaktion überrascht. Wie konnte er das so lässig sagen?!„Aber … aber … wozu? …," stammelte ich nur, dann fuhr er fort.„Die gute Nachricht ist es, dass wir dich dieses Mal gefunden haben und du dich nicht in der Leere verirren wirst, so wie deine anderen Erscheinungsbilder es tun werden. Aber sei getröstet, sie sind nun alle in dir. Der Sieg in Bezug auf dich ist nahe!" Der Mann wartete ab, ob ich begriff, was er da sagte.„All diese Gerippe und hässlichen Fratzen sind, … waren DU. Seit, …. sagen wir, tausend Jahren versucht der Orden der Wunderwandler bereits, dich hier rauszuholen. Ich hätte es mir zwar denken können, dass gerade ich es sein werde, dem du geradewegs in die Arme läufst, aber jetzt bin ich doch überrascht. Du warst eine rätselhafte Geschichte, als ich im Kindesalter vom Rufgesang zum Orden geholt wurde. Der Rufgesang ist die hohe Instanz, die über unseren Orden und so auch über dich wacht. Zina und ich haben unsere Mission fast erfüllt. Ich darf dich willkommen heißen: Möge die Hohe Ordnung in dir ewig sein, Benjamin!"„Möge die Hohe Ordnung in dir ewig sein, Bruder Benjamin!", grüßte mich auch Zina und blickte dabei froh und persönlich berührt davon auf mich, der ich mich völlig verändert sah.„Wir werden dich hier jetzt rausholen und hier: Dein Hut! Jetzt ist es nur noch an uns, wie wir den Spielern zusetzen können, schließlich sind sie Erzfeinde Nimmerends und wir führen schon lange einen Krieg gegen sie. Wir bringen dich nun nach Skristall in die Ordenshauptstadt und dort wirst du regeneriert werden. Das dauert ein paar Tage oder sogar Wochen. Dann wirst du mit Großmeister Zenon sprechen."Ich vernahm gerade noch Eldrixs Stimme, dann …„Das ist …" Ich taumelte und wollte mich an einem Baum festhalten, griff jedoch daneben, dann war es dunkel und ich erwachte in einer Traumwelt, ja: Wieder, wie ich es schon mehrmals erlebt hatte. Doch nun war da Kraft, wo zuvor die einsame Schwäche von „Kleiner“ war, der meine ganze Persönlichkeit entstellt hatte. Der Traum war wirklicher als die Realität als Gefangener dieses Schiffes, das mich einfach wie ein Krake wieder und wieder zu sich gezogen hatte. So oft, dass Dutzende Körper notwendig waren, damit ich durch die Zeit genau hierherkam. Das war meine Geburt, als Benjamin. Aber hatte ich nicht auch einen Bruder … ? Nun sickerte ich auch in meinem Inneren auf den Grund und fiel in einen tiefen Schlaf. Ich fühlte Zina und Eldrix, wie sie mich völlig geborgen hielten und ich keine Gefahr mehr zu fürchten hatte. Vorerst. Schlaf … Ende: Flucht vom Schiff der Leblosen 7 - Geburt
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